Alkoholismus Therapieforschung Schweiz (atf Schweiz)

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Geschlechtsrollenorientierung und maskuline Identität

Dimensionalität und Therapierelevanz bei Patienten in der stationären Suchttherapie

Projektleitung: Harald Klingemann
Koordination: Peter Eggli
Mitarbeiter: Veronica Gomez, Monika Schlüsselberger
Förderung: Schweizerischen Stiftung für Alkoholforschung (SSA)
Laufzeit: 10/ 2006 bis 10/ 2008

Ausgangslage

Das geschlechtsrollenbezogene Selbstkonzept meint die allgemeine Selbsteinschätzung maskuliner oder femininer Eigenschaften. Behandlungsangebote im Suchtbereich sind in der Regel nicht auf Männerbedürfnisse ausgerichtet. Männerspezifische Ansätze sind jedoch nicht nur eine Frage des Konzeptes und der Zielsetzung sondern machen auch unterschiedliche Zugänge und Interaktionsstile notwendig. Es ist daher auch zu prüfen, inwieweit bestimmte Techniken möglicherweise bei Männern besser ankommen als bei weiblichen Patienten.

Inhalte und Zielsetzung

Basierend auf den Ergebnissen einer schriftlichen Befragung von 200 männlichen Patienten der Alkoholfachkliniken Südhang und Forel über die Jahre 2007 und 2008 und einer Bevölkerungsstichprobe liefert die Studie konkret erste Antworten auf die Frage wie sich männliche Alkoholpatienten von der Allgemeinbevölkerung unterscheiden und wie relevant angenommene männerspezifische Aspekte für die Patienten sind. Die in der Studie gewonnenen Daten stützen zumindest tendenziell die Annahme, dass die Patientenstichprobe traditionellere Rollenorientierungen als die Bevölkerungspopulation. Zentraler Befund des Bevölkerungsvergleiches ist jedoch die signifikant geringere Ausprägung des maskulinen Selbstbildes, das tendenziell auch mit niedrigeren Werten bei femininen Eigenschaften einhergeht. 40% der befragten Patienten (n=82) sind der Ansicht, dass es durchaus Themen in der Suchttherapie gibt, die speziell für Männer wichtig sind. Ein Drittel konstatiert, dass ihrer Meinung nach Männerthemen in der aktuellen Therapiepraxis zu kurz kommen. Im Einzelnen zeigte sich, dass Männer, welche keine männerspezifischen Themen in der Suchttherapie sehen, eine traditionellere Geschlechtsrollenorientierung aufweisen als Patienten, welche von der Relevanz solcher Themen ausgehen.

Relevanz

Die Untersuchung ist die erste ihrer Art zur Frage männerspezifischer Therapiebedürfnisse in der Schweiz. Sie leistet erstmals eine umfassende Erhebung der Bedürfnisse von männlichen Patienten im stationären Suchtbereich. Die aktuelle therapeutische Praxis wurde in Hinblick auf männerspezifische Bedürfnisse bewertet und perzipierter Veränderungsbedarf „ausgelotet“. Basierend auf den Ergebnissen dieser Untersuchung können Hilfestellungen, Anregungen und Ideen im Sinne evidenzbasierter Therapie zur konzeptuellen Planung und Umsetzung männerspezifischer Therapieprogramme abgeleitet werden.

Publikation

Klingemann, H. & Gomez V. (2010). Masculinity issues in addiction treatment in Swiss inpatient alcohol programs: bringing men's treatment back to the research agenda. Journal of men's health., 7 (3), 211-220.